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Internationales- und Europäisches Recht September 2022 - Juni 2023

Marion Ho-Dac

Wie kann künstliche Intelligenz reguliert werden? Ein auf Standardisierung basierender Ansatz

Die Europäische Union ("EU") hat einen Regulierungsprozess eingeleitet, um einen ausgewogenen Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz ("KI") zu schaffen, der sowohl die Nutzer schützt als auch innovationsfreundlich für Entwickler und Anbieter ist. Das Projekt zielt darauf ab, diesen laufenden Prozess anhand eines standardisierungsbasierten Ansatzes zu analysieren.
Im EU-Vorschlag für eine "KI-Gesetzgebung" aus dem Jahr 2021, die einen horizontalen Rechtsrahmen für KI-Systeme auf dem Binnenmarkt vorsieht, wird Normen eine Schlüsselrolle eingeräumt, die als freiwillige technische oder qualitative Spezifikationen verstanden werden, denen Produkte oder Dienstleistungen entsprechen können. Gemäß Artikel 40 des Verordnungsvorschlags würde für KI-Systeme, die den erwarteten neuen harmonisierten EU-Normen entsprechen, die Vermutung gelten, dass sie den Anforderungen des KI-Gesetzes entsprechen. Das bedeutet, dass es für Anbieter von KI-Systemen mit hohem Risiko bis zu einem gewissen Grad ausreichen würde, die von der EU-Rechtsprechung akzeptierten harmonisierten Normen einzuhalten, anstatt sich an verbindliches EU-Recht zu halten.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Legitimität und Effizienz der künftigen KI-Regulierung innerhalb der EU in zweifacher Hinsicht. Inwieweit können (derzeitige und künftige) Standards für KI-Systeme - die auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht und genutzt werden - ausreichen, um die Einhaltung und Förderung der EU-Werte (z. B. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Zugang zur Justiz) und der im EU-Recht verankerten Grundrechte (z. B. Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, Nichtdiskriminierung, Meinungsfreiheit) zu gewährleisten? Im weiteren Sinne sollte die Forschung es ermöglichen, festzustellen, ob es eine regulatorische Besonderheit für KI-Systeme gibt, und, falls dies der Fall ist, Konsequenzen für die Erstellung und Anwendung von Normen und (weichen/harten) rechtlichen Anforderungen in diesem Bereich zu ziehen.

Biografie

Marion Ho-Dac ist Professorin für Privatrecht an der Universität von Artois (Frankreich), abgeordnet an die Academy of International Affairs NRW.
Sie promovierte an der Schnittstelle von EU-Binnenmarktrecht und internationalem Privatrecht (La loi du pays d'origine en droit de l'Union européenne, Bruylant, 2012) und war vor ihrem Eintritt in die akademische Welt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Rechtsvergleichung am Gerichtshof der Europäischen Union.
Ihre Lehr- und Forschungstätigkeit konzentriert sich auf die Gestaltung des digitalen Binnenmarkts, die EU-Zivilgerichtsbarkeit und, allgemeiner, die rechtliche Gestaltung internationaler privater Beziehungen vor dem Hintergrund des zunehmenden Einflusses neuer Technologien, die einen neuen Schutz des Einzelnen (z. B. Verbraucher, Prozessbeteiligte, Bürger, Kinder) erfordern. Marion Ho-Dac nimmt im Namen von AITI auch an mehreren Arbeitsgruppen teil, die von Normungsgremien im Bereich der digitalen Technologien und der KI geleitet werden.
Sie ist Mitglied des Centre Droit Éthique et Procédures (CDEP UR 2471) der Universität Artois und sitzt in verschiedenen wissenschaftlichen und redaktionellen Gremien (z. B. European Association of Private International Law, AI Transparency Institute, Revue Trimestrielle de Droit Européen).


Publikationen

Ausgewählte Publikation

Marion Ho-Dac Le consommateur européen face à l’intelligence artificielle – Quel cadre règlementaire au sein du marché unique numérique? (The European Consumer and Artificial Intelligence - What Regulatory Framework within the Digital SIngle Market?)

Le droit européen de la consommation au XXIème siècle : état des lieux et perspectives, (ed) M. Combet, Bruxelles, Bruylant, 2022 (co-authored with E. Thelisson), p. 87-117