Afghanistan steht einmal mehr im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit. Mit dem abrupten Abzug der US-Truppen und der raschen Machtübernahme der Taliban im August 2021 hat sich die humanitäre Krise in Afghanistan sowie die geopolitische Landschaft in der Region dramatisch verändert. Diese Entwicklungen werfen zahlreiche Fragen auf, die wir zum Anlass nehmen, um einen näheren Blick darauf zu werfen. Dabei soll einerseits eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation vor Ort erfolgen und andererseits sollen Lehren für die deutsche und europäische Sicherheitspolitik gezogen werden.
Seit der Rückkehr der Taliban an die Macht hat sich die Lage in Afghanistan erheblich verschlechtert. Die humanitäre Krise hat sich verschärft, Millionen Menschen sind von Hunger und Armut bedroht. Frauen und Mädchen sehen sich drastischen Einschränkungen ihrer Rechte und Freiheiten gegenüber, haben kaum Bildungschancen, Pressefreiheit existiert nicht mehr und politische Opposition wird gewaltsam unterdrückt.
Seit Herbst 2022 widmet sich die Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ der Aufarbeitung der zwanzigjährigen Bundeswehrmission in Afghanistan. Der Zwischenbericht, der im Februar veröffentlicht wurde, lässt erste Schlussfolgerungen zu und wirft grundlegende Fragen zur Zukunft der europäischen und deutschen Sicherheitspolitik auf: Welche strategischen Fehler wurden durch den US-Abzug gemacht? Wie sollte sich Europa, und insbesondere Deutschland, künftig positionieren?