Katharina McLarren trug Teile ihres Habilitationsprojekts vor. Sie hatte vor der Veranstaltung ein Paper zum bisherigen Stand ihrer Forschung zirkulieren lassen, das sie vorstellte und das intensiv von den Fellows diskutiert wurde. Sie führte aus, dass nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine die religiösen Führer sehr unterschiedlich reagiert hätten: Der schiitische Ajatollah machte die USA für den Krieg verantwortlich, der Papst nannte die Vereinten Nationen „impotent“ und der Dalai Lama erklärte, „Krieg ist überholt“. In ihrem Forschungsprojekt geht sie der Frage nach inwiefern sich die religiösen Narrative in Bezug auf den Krieg geändert haben. Bedeutet der Ukraine-Krieg einen Wendepunkt, oder können wir mehr vom Gleichen beobachten? Eingebettet in den theoretischen Rahmen der Englischen Schule der Internationalen Beziehungen möchte sie verschiedene narrative Analysen durchführen, um besser zu verstehen, ob und wie die primären Institutionen des Krieges und des Völkerrechts (neu) interpretiert werden können.
Sie untersucht die Narrative drei o. g. religiösen Akteure zum Ukraine-Krieg und vergleicht sie mit ihren jeweiligen Kriegsnarrativen der Vergangenheit. Anhand dieser Narrative möchte Katharina aufzeigen, inwiefern diese eine Stärkung und sogar Ausweitung oder eine Unterminierung und damit Schwächung der internationalen Gesellschaft widerspiegeln, wobei der Schwerpunkt auf den primären Institutionen des Krieges und des Völkerrechts sowie der sekundären Institution der Vereinten Nationen liegt. Die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Institution ist dem theoretischen Rahmen der Englischen Schule entlehnt. Katharina argumentiert, dass zumindest für religiöse Akteure in der internationalen Politik der Ukraine-Krieg kein prägendes Ereignis in der globalen Sicherheitspolitik darstellt. Stattdessen hätten sie möglicherweise einen kritischen Zeitpunkt für die Stärkung oder gar Aufrechterhaltung des Völkerrechts verpasst. Von den Fellows wurden verschiedene Aspekte wie die Frage nach dem Rollenverständnis der genannten Akteure diskutiert. Ebenso wurde kritisch hinterfragt, warum der Papst gerade in Bezug auf Länder wie Russland es bei allgemeinen Referenten belässt und nie Ross und Reiter nennt. Am Ende dankte Katharina für die vielfältigen sowohl inhaltlichen wie auch methodischen Hinweise, die sie in ihrer weiteren Forschung gut einfließen lassen kann.
Katharina McLarren
Fellow AIA | Juni 2023 – März 2024